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Das Maximum herausholen

Sven Ullrich

Photovoltaikanlagen sind längst keine reinen Renditeobjekte. Mit zunehmendem solarem Anteil der Stromversorgung steigt die Verantwortung der Anlagenbetreiber für das gesamte Stromsystem. Sie müssen sicherstellen, dass die Anlagen auch die prognostizierten Stromerträge liefern.

Dazu kommen noch neue Regelungen zur Anlagensteuerung durch den Netzbetreiber wie die Abregelung bei Netzengpässen. Gleichzeitig müssen Investoren zusehen, dass die Rendite weiterhin stimmt, die Anlagen also gut laufen. Dies alles steigert die Komplexität der technischen Betriebsführung. Die bisherigen Monitoringlösungen stoßen da an ihre Grenzen.

Eine Lösung ist der digitale Zwilling, durch den eventuelle technische Fehler in der Anlage schneller auffallen als beim einfachen Beobachten der Ertragsdaten. „Generell ist es allerdings wichtig, wie detailliert dieser digitale Zwilling aufgebaut ist“, sagt Oliver Skadow, Geschäftsführer von Sunisus Analytics. Er und Thomas Littmann haben schon 2016 begonnen, einen digitalen Zwilling für die technische Betriebsführung von Solaranlagen zu entwickeln. „Wir haben uns zunächst auf die AC-Seite der Anlage, also auf die Wechselrichter, konzentriert. Inzwischen können wir aber auch die DC-, die Gleichrichter-Seite mit einem digitalen Zwilling abbilden“, erklärt Skadow.

Der Aufbau eines solchen Zwillings hat riesige Vorteile. „Mit ihm können wir sehr gute Analysen der Anlage fahren“, sagt Skadow. „Wir können über den Zwilling natürlich rückblickend schauen, wie sich die Anlage verhalten hat. Aber wir können über den Zwilling auch nach vorn schauen und rechtzeitig erkennen, wie sich die Leistung der Anlage entwickelt.“

Daten live vergleichen

Für den Aufbau des digitalen Zwillings sind die Daten der Anlage wichtig. Sunisus Analytics bekommt vom Anlagenerrichter oder Betreiber alle Datenblätter der verbauten Solarmodule, Wechselrichter und Speicher. Selbst die Querschnitte der verbauten Kabel und die Verschaltung fließen in das digitale Abbild der Anlage ein, das Sunisus Analytics aus den Daten erstellt. Der Zwilling ist umso besser, je detaillierter und genauer die Dokumentation der Komponenten ist, die die Anlagenbetreiber liefern.

Ist der digitale Zwilling einmal aufgebaut, können die Mitarbeiter in der Leitwarte von Sunisus anhand der realen Witterungsverhältnisse genau sehen, wie viel die Anlage auf Basis der Systemdaten produzieren sollte. Sunisus Analytics kann dabei verschiedene Schnittstellen nutzen, um sowohl die realen Produktionsdaten der Anlage als auch die Livedaten der vor Ort verbauten Sensoren abzugreifen. Zudem berücksichtigen die Entwickler bei Sunisus Analytics auch etwa die Degradation der Solarmodule oder die Alterung der Wechselrichter.

Proaktiv warten

Diese Prognosekurve aus dem digitalen Zwilling legen die Betriebsführer bei Sunisus Analytics über die tatsächliche Ertragskurve der Anlage und sehen so bis auf die Stringebene heruntergebrochen ganz deutlich, ob ein Fehler vorliegt und wo er zu finden ist. „Wir haben parallel dazu ein Analysetool entwickelt, das den Soll- mit dem Istwert vergleicht und mit dem der Betriebsführer in unserer Leitwarte prognostizieren kann, um welchen Fehler es sich handelt“, erklärt Oliver Skadow. „Dazu ist natürlich ein gewisses technisches Verständnis der Funktionsweise einer Photovoltaikanlage notwendig.“

Mit dem digitalen Zwilling lassen sich aber auch perfekt schleichende Prozesse erkennen, wie sich langsam lösende Steckverbindungen. Auf diese Weise wird auch eine proaktive Wartung möglich. Der digitale Zwilling kann außerdem beim Betrieb der Anlage helfen. Denn inzwischen haben sich die Vermarktungsmodelle geändert. Zudem sind die Solaranlagen in den Redispatch einbezogen und die Zeit, wann der Solarstrom eingespeist wird, ist zunehmend wichtig. „Neben der technischen Abbildung der Anlage berücksichtigt der digitale Zwilling auch Einstrahlungsdaten und Ertragsprognosen – so wird er zu einem Instrument, das den laufenden Betrieb mit Blick auf die zukünftige Stromproduktion optimiert“, sagt Oliver Skadow.

Finanzströme im Blick

Veränderte Vermarktungsmodelle und Regelungen zur Einspeisung von Solarstrom wirken sich nicht nur auf die technische, sondern auch auf die kaufmännische Betriebsführung aus. „Die Zeiten der sicheren Einspeisevergütung sind vorbei“, bringt es Matthias Karger, Geschäftsführer von Node Energy, auf den Punkt. „Heute entscheidet das kaufmännische Feingefühl über die Rendite.“

Das Frankfurter Unternehmen hat mit Optinode eine Softwareplattform entwickelt, mit der Betriebsführer die gesamten Finanzströme nicht nur im Blick behalten, sondern auch prognostizieren können. Denn mit neuen Regelungen wie dem Solarspitzengesetz ist nicht mehr nur eine Einnahme- und eine Ausgabenseite zu beachten. Die Anlagenbetreiber müssen sich auch darum kümmern, wann die Einnahmen und Ausgaben fließen.

Der Markt wird wichtiger

Schließlich ist im neu formulierten Paragrafen 51 des EEG festgelegt, dass die Betreiber für ihren eingespeisten Strom dann keine Vergütung mehr bekommen, wenn die Preise an der Strombörse negativ sind. Diese Regelung galt zwar auch schon vorher, doch seit Jahresbeginn gibt es bereits in der ersten Viertelstunde mit negativen Strompreisen keine Vergütung mehr. Gleichzeitig wurde die Regelung eingeführt, dass die nicht vergüteten Zeiten an die 20-jährige Einspeisevergütung oder Marktprämienzahlung angehängt werden. Dies wiederum geschieht auf Basis eines komplexen Schlüssels, der dafür sorgen soll, dass die insgesamt vergüteten Strommengen gleich bleiben.

Dies muss in der kaufmännischen Betriebsführung berücksichtigt werden. „Solche Regelungen wie das Solarspitzengesetz verändern die Betriebsführung grundlegend. Technische Betriebsführung allein reicht nicht mehr, das Geschäftsmodell ist inzwischen marktgetrieben“, erklärt Matthias Karger. Zudem steigt die Komplexität. Mit Excel-Tabellen werden die Assetmanager dies nicht mehr in den Griff bekommen. Hier sind automatisierte Softwarelösungen wichtig, mit denen der Betriebsführer solche komplexen Zahlungsströme mit wenigen Klicks verwalten kann.

Wir können über den Zwilling rückblickend schauen, wie sich die Anlage verhalten hat. Aber wir können über den Zwilling auch nach vorn schauen und rechtzeitig erkennen, wie sich die Leistung der Anlage entwickelt.

Oliver Skadow, Sunisus Analytics

Ausgabenseite wird komplexer

Auch die Ausgabenseite wird komplexer. So ist zwar laut EEG die Beteiligung von Kommunen eine freiwillige Angelegenheit. Doch viele Bundesländer haben eigene Regelungen erlassen, die diese Beteiligung verpflichtend machen. „Dies war vor fünf Jahren für die Anlagenbetreiber kein üblicher Prozess“, sagt Matthias Karger mit Blick auf die zusätzlichen Geldströme. Entscheidend ist hier vor allem, die Zahlung der Beteiligungen richtig zu terminieren (lesen Sie dazu auch das Interview auf Seite 34 dieser Ausgabe).

Die Menge an Zahlungsströmen nimmt auch aufgrund unterschiedlicher Vermarktungsmöglichkeiten für den Strom zu. Es ist ein Unterschied, ob die Erlöse aus einer festen Einspeisevergütung oder Marktprämie kommen oder aus einem direkten Stromliefervertrag (Power Purchase Agreement – PPA). Hier spielt es wiederum eine Rolle, ob der Strom so abgenommen wird, wie er in der Anlage erzeugt wird, oder nur die Strommengen bezahlt werden, die von PPA-Partnern tatsächlich verbraucht wurden. „PPA schaffen Planbarkeit, machen die Betriebsführung aber nicht unbedingt einfacher“, erklärt Matthias Karger unter anderem mit Blick auf diese verschiedenen Vertragsmodelle. „Und auch hier greifen Abregelungen oder Regelungen zu negativen Preisen“, sagt er.

„PPA schaffen Planbarkeit, machen die Betriebsführung aber nicht unbedingt einfacher. Zudem greifen Abregelungen oder Regelungen zu negativen Preisen.“

Matthias Karger, Node Energy

Liefert Entscheidungshilfe für Investitionen

In Zukunft könnte die Komplexität noch zunehmen. Denn ab 2027 muss im EEG ein sogenannter Clawback-Mechanismus eingeführt werden. Das bedeutet, dass eventuelle Zufallsgewinne der Anlagenbetreiber abgeschöpft werden. Wie diese konkret aussehen, ist bisher nicht klar. In der Regel geschieht dies aber über sogenannte Contracts for Difference. Dabei bekommt der Anlagenbetreiber einen festen Preis für seinen Strom zugesichert, den er an der Börse vermarktet. Liegen die Markterlöse unter dem zugesicherten Preis, bekommt er einen staatlichen Zuschuss, wie dies bisher bei der Marktprämie auch der Fall ist. Liegt der Markterlös allerdings über dem zugesicherten Preis, muss der Anlagenbetreiber den durch diesen hohen Preis erwirtschafteten Zusatzgewinn an den Staat zurückzahlen. Für Betreiber bedeutet das: Er muss noch mehr Aufmerksamkeit auf seine Vermarktungsstrategie und die Vertragsgestaltung legen.

All die komplexen und unübersichtlichen Finanzströme kann die Software sauber durch- und abrechnen. Sie zeichnet die gesamten möglichen Erlöse und notwendigen Ausgaben auf. „Dieses Erlösmonitoring ist eine Kernfunktionalität von Optinode“, erklärt Matthias Karger. „Aus diesem Monitoring erstellen wir eine Art Schattenabrechnung: Das System verfolgt, welche Erlöse tatsächlich entstehen müssten, und deckt so Abweichungen oder Fehler auf.“

Diese Transparenz ist entscheidend für Investoren. Denn sie zeigt den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer Anlage. Gleichzeitig liefert das Erlösmonitoring Entscheidungshilfen für Investitionen, etwa in einen Batteriespeicher, der die negativen Strompreise abfedern kann. 

Speicher mit KI im Blick

Socomec: Speicher haben eine begrenzte Lebensdauer, die mit der Anzahl der Zyklen zusammenhängt. Damit die Betreiber diese immer im Blick behalten, hat Socomec eine Monitoringplattform entwickelt: Solive Pro zeigt alle Daten in Echtzeit, die für den Betrieb des Speichers notwendig sind. In das Tool ist eine vorausschauende Analyse integriert. Diese erkennt Degradations- und Sicherheitsrisiken bis zu neun Monate im Voraus. Denn Solive Pro ist mittels eines speziellen Algorithmus in der Lage, die Entwicklung des sogenannten Gesundheits- und des Sicherheitszustands der Batterie über einen längeren Zeitraum vorauszuberechnen. Dazu nutzt das Tool künstliche Intelligenz. Sie erkennt die bisherige Betriebsweise des Speichers und berechnet, wie sich dessen Gesundheitszustand entwickelt, wenn die Batterie so weiterbetrieben wird. Sollte sich die Betriebsweise oder die Nutzung des Speichers ändern, berechnet die KI darauf basierend die Entwicklung der Degradation neu und zeigt sie aktualisiert an.
Dabei greift die KI nicht auf theoretische Daten, sondern auf reale Daten in Echtzeit zurück. Sie erkennt unregelmäßige Lastprofile oder Betriebsunterbrechungen. Dadurch kann Solive Pro die Leistung genau bewerten und die Sicherheit detailliert überwachen. So ist der Speicherbetreiber in der Lage, seine Wartungsstrategien entsprechend anzupassen und Fehler frühzeitig zu erkennen.

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